Die Oggauer Kreuzkapelle - Die Chronik

Laut Pfarrchronik ließ Matthias Reinprecht vor 1700 am oberen Ende der Hauptstraße, direkt an der Befestigungsmauer, eine kleine Kapelle errichten. Um diese Zeit entstand hier auch ein Friedhof für Fremde und Bettler. Es ist anzunehmen, dass an Stelle des sonst üblichen Friedhofskreuzes diese Kapelle - dem hl. Kreuz geweiht - erbaut wurde.

Kreuzkapelle um 1900
Aus nicht bekannten Gründen verfiel dieses sakrale Bauwerk. 1744 ließen der Schulmeister Jakob Hueber und seine Gattin Susanna, geb. Schiwampel, die heutige Kapelle „zu Ehren des am Kreuz gestorbenen Erlösers und zum Gedenken der armen Seelen im Fegefeuer" errichten. Weiters ließen sie über dem Altar ein Kreuz des Erlösers Jesu Christi und unter dem Kreuz die Statuen der Schmerzensmutter, des Evangelisten Johannes und der Maria Magdalena aufstellen. Ebenso bauten sie an die Kapelle eine kleine Sakristei zur Aufbewahrung der Messutensilien.

Grundriss der Kapelle

Unter Pfarrer Stephan Pinter erhielt die Kapelle am 11. Juni 1768 das Altarprivileg und in der Folge fanden jeden Montag und Freitag heilige Messen statt.
Aus dieser Zeit wird berichtet, dass ein in der Nachbarschaft der Kreuzkapelle wohnender Bauer für das Öffnen und Absperren der Kapelle sorgte.
Nach der Auflassung der Begräbnisstätte um die Kirche im Jahre 1781 wurden bis 1799 die Verstorbenen im „oberen Friedhof bei der Kreuzkapelle" bestattet - als erster Mathias Freismuth (Inwohner, 70 Jahre) am 2. November 1781. Ob bereits die Beisetzung der Pesttoten des Jahres 1713 hier erfolgte, wie gelegentlich vermutet wird, ist nicht nachzuweisen.


1957 vor der Renovierung

Kreuzkapelle um 1920; davor: Nagy-Kreuz (seit 1952 in der Triftgasse); rechts: alte Schule (heute Kindergarten)

Kreuzkapelle um 1974
„Auf dem alten Friedhof befindet sich auch die Ruine einer Kapelle, die dem hl. Kreuz geweiht ist", heißt es in alten Schriften von 1830 - 1847 von Georg Drinocsi (Archiv in Sopron). Eine Bestätigung, dass sich im Areal der Kreuzkapelle ein Friedhof befand, erbrachten auch die Arbeiten für den Kindergarten. Im Herbst 1952 entdeckte man beim Kelleraushub links von der Kapelle 30 Gräber. Die freigelegten Gebeine wurden im Ortsfriedhof beigesetzt.
Ein fürchterlicher Brand vernichtete am 13. Feber 1868 neben 169 Gebäuden (80 Bauernhäuser, 10 Hofstätten und 79 Scheunen) auch die Kreuzkapelle. Diese war erst einige Jahre vorher, nämlich 1861, unter kräftigster Mithilfe des Wohltäters Domherr Kanonikus Joseph Mayrhofer innen und außen renoviert worden.
Sehr rasch fand aber der Wiederaufbau der Kreuzkapelle statt. Darauf verweist eine kleine Holztafel, die an der Innenseite des Turmes angebracht ist, und folgende Inschrift trägt:
"Erpaut unter Vara Karl Fodermajer Anno 1868 ST.K." (Vara soll Pfarrer bedeuten).
Die kleine Glocke im Turm hat einen Durchmesser von 24 cm und wurde von Kanonikus Joseph Mayrhofer finanziert.

Kreuzkapelle-Dach um 1990
Die Kreuzkapelle, die etwas abseits der Hauptstraße liegt, ist heute über den Hof des Kindergartens zu erreichen. In der Mittelachse, der mit Lisenenarchitektur versehenen Fassade, befinden sich die mit Kalksandstein rechteckig gerahmte Tür, darüber ein kleines, ovales Fenster.
Das abgewalmte Satteldach ist mit Ziegeln gedeckt und wird von einem mit Schindeln verkleideten Turm überragt.
Das Langhaus ist zwei Joch (durch vier Eckstützen bezeichnete, meist überwölbte Raumeinheit) lang und besitzt ein grätiges Kreuzgewölbe. Durch den Anbau des Kindergartens erhält das Langhaus kaum mehr natürliches Licht. Eine Korbbogentonne stellt die Verbindung vom Langhaus zum schmäleren Presbyterium (Altarraum) her, an das östlich die Sakristei angebaut ist.

Kreuzkapelle 2004
Der Altar steht direkt an der Apsisstirnwand und ist einfach gestaltet. Bis zur Renovierung 1957 bestand die Mensa besteht aus unterschiedlich großen Schiefersteinen, die durch breite Mörtelfügen getrennt wurden. Oberhalb der Mensa befindet sich ein Kreuz mit einem Corpus (190 cm). Wie aus älteren Abbildungen hervorgeht, war die Steinmensa früher färbig und zeigte als Motiv den Leichnam Christi. Darüber war das Kruzifix von zwei klagenden Frauen flankiert und seitlich davon standen bunte Figuren der Heiligen Peter und Paul. Laut kanonischer Visitation von 1860 befanden sich 12 Statuen in der Kapelle, die heute leider nicht mehr vorhanden sind. Das Farbfenster im Presbyterium stellt Judas Thaddäus, einen der 12 Apostel, dar. Gemeinsam mit Simon Zelotes soll er bei einer Missionsreise in Persien den Märtyrertod erlitten haben. Er ist um 70 n. Chr. von Mithraspriestern mit einer Keule erschlagen worden. Auf seine Fürsprache sollen so außergewöhnliche Gnadenerweisungen geschehen sein, daß der Heilige als Patron für aussichtslose Lebenslagen betrachtet wird.

Kreuzkapelle 2004
Die Kreuzkapelle ist auch Begräbnisstätte für mehrere Priester, daran erinneren Epitaphe an den Wänden. Das älteste Epitaph wurde für Pfarrer Georg Lang errichtet. Die Sandsteinplatte ist oben mit eingerollten Giebelfragmenten und einem kleinen Kreuz abgeschlossen.
Die Kapelle war früher auch ein Ort der Marienverehrung. Nach einer Renovierung der Kapelle ließ der Mäzen der Pfarre, Prälat Josef Mayrhofer, am l. Oktober 1893 eine Maria Lourdes-Statue aufstellen. In der Folge wurde an Sonn- und Feiertagen ein Gottesdienst gefeiert. Anschließend blieb die Kapelle bis spät abends geöffnet. Prälat Mayrhofer verfasste sogar eine eigene Maria Lourdes-Litanei.
Ab 12. Mai 1959 hielten etliche Gläubige durch mehrere Jahre hindurch, monatlich einmal nächtliche Fatimaandachten ab und zwar von 20.30 bis 24.00 Uhr. Die Fatimastatue, gestiftet von Cäcilia Wimmer, erinnert noch daran.
Unter Dechant Johann Pilles gedachte man ab 13. Jänner 1958 wöchentlich bei einer heiligen Messe in der Kreuzkapelle besonders der Gefallenen der beiden Weltkriege.
Zu einer umfangreichen Renovierung der Kreuzkapelle, bei der die Ortsbevölkerung viele unentgeltliche Leistungen erbrachte, kam es im Jahre 1957 unter Pfarrer Johann Pilles: Erneuerung des Verputzes, Versenkung der Priester-Epitaphe in der Mauer, Umgestaltung der Mensa mit Verwendung von Natursteinen und Einsetzen eines Farbfensters (Judas Thaddäus darstellend). Das alte Altarkreuz restaurierte Prof. Josef Michels. Die Wohltäterin Maria Lentsch finanzierte den Tabernakel und vier Altarleuchter zum Preis von ATS 4,000,-.

Fatima-Statue

Vor der Renovierung 2001 erinnerten schwarze Granittafeln (115 cm x 70 cm), links und rechts vor dem Zugang zum Presbyterium angebracht, an die Gefallenen der beiden Weltkriege. Den Plan von Dechant Pilles, die Kreuzkapelle zu einer Kriegergedächtniskapelle zu machen, in der wöchentlich eine Messe gefeiert werden sollte, unterlief der Beschluss der politischen Gemeinde, in der Grünfläche am Ende der Hauptstraße, ein Kriegerdenkmal zu errichten. In seiner Predigt am 3. März 1957 argumentierte Pfarrer Pilles gegen diesen Standort. Es wäre der verkehrsreichste und damit der lauteste Platz im Ort und außerdem würden zusätzliche Kosten durch die Versetzung des dortigen Kreuzes anfallen. Die Gemeinde setzte aber ihr Vorhaben durch.
Im Rahmen der Sanierung des Kindergartens kam es im Sommer 1995 auch zur Erneuerung des Daches – Biberschwanz / Doppeldeckung - der Kreuzkapelle. Gleichzeitig erfolgte die Verkleidung des Dachreiters mit Eternitschindeln und die Instandsetzung des vor Jahren abgebrochenen schmiedeeisernen Kreuzes.
Um die Kapelle, die sehr feuchtes Mauerwerk aufweist, lüften zu können, wurde ein 1956 unverständlicherweise zugemauertes Fenster an der Ostseite wieder ausgebrochen und der ursprüngliche Zustand hergestellt.


Kreuzkapelle 1996

Bis zum Jahre 1984 verwendeten die Ordensschwestern, die den Kindergarten leiteten, die Kreuzkapelle regelmäßig als Andachtsraum. Seit dem Abzug der Ordensschwestern wegen Personalmangels wurde die Kapelle leider nicht mehr genuzt und vor allem auch nicht mehr gelüftet. Der Zustand des von Haus aus feuchten Mauerwerkes hatte sich dadurch sehr verschlechtert. Eine Renovierung, erfolge in den Jahren 1999 bis 2001, wo nach zweijähriger Renovierungstätigkeit, am 2. September 2001, die Kreuzkapelle feierlich durch Pfarrer Mathias Reiner gesegnet wurde.

Kurz notiert:

Erwähnenswert ist noch, dass am Palmsonntag im Hof der Kreuzkapelle die Palmweihe stattfindet. Von hier geht die Palmprozession zur Kirche, wo der Hauptgottesdienst gefeiert wird.
Während der Kirchenrenovierung von 1940/41 musste an Wochentagen die hl. Messe in der Kreuzkapelle gefeiert werden. Sogar eine Trauung fand hier statt: Franz HAFNER heiratete am 29. Juli 1941 Anna DINHOF.
Da bei den Kriegshandlungen Anfang April 1945 die Kirche schwer beschädigt wurde, hielt man die Gottesdienste für einige Zeit in der Kreuzkapelle ab.
An einen tragischen Vorfall während der letzten Bittprozession des Jahres 1946 bei der Kreuzkapelle (24. Mai) können sich noch viele Ortsbewohner erinnern. Nach einer Explosion in der Setzgasse kam es zu einem abrupten Ende der Prozession. Eine Bombe, die bei Luftübungen der Russen über dem See das Ziel verfehlt hatte, tötete den 25jährigen Hans Neuwith und verletzte seine Mutter schwer. Auch an ihrem Haus in der Setzgasse entstand großer Schaden.


Kreuzkapelle 2004


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